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Das Märchen vom Reichtum

Es war einmal ein Mädchen, das sich auf die Suche nach der Goldhöhle machte. Ein weiser Lehrer, der ihr damals begegnete sagte ihr, dass sie die Höhle finden müsse, da die Höhle ganz viel Gold beherbergte. So übergab er ihr eine Schatzkarte und wünschte ihr viel Glück. Das Mädchen freute sich über ihr Glück, so lange hat sie sich nach Gold gesehnt und nun ist der Ort, da markiert, auf ihrer Schatzkarte. Sie packte ihre sieben Sachen und machte sich auf den Weg, die betrat die Reise zur Höhle des Reichtums. 

 

Zu Beginn ihrer Reise begegnete sie vielen Wanderer, die scheinbar alle etwas an ihr auszusetzen hatten. „Du bist viel zu jung um alleine zu reisen“, sagte einer. „Du bist viel zu leicht gekleidet um in die Berge zu wandern“, sagte die andere. So überlegte sich das Mädchen umzukehren, da die Wanderer ja recht hatten. Doch sie wanderte schon seit Stunden und hatte keine Lust alles wieder zurück zu laufen. So ging sie weiter. 

 

Als ihre Beine müde wurden und sie sich hinsetzte spazierte ein alter Mann mit einem Wagen voller Dung vorbei. Er sah müde aus und war ganz verschwitzt. So stand das Mädchen auf und fragte den Mann wo er denn hin müsse. Der Mann erwiderte: „Es ist nicht mehr weit, da vorne ist die Abladestelle.“ Das Mädchen nahm den Wagen in die Hand und sagte: „Machen Sie eine Pause ich bringe den Dung.“ Der alte Mann war sehr dankbar und setzte sich an die Stelle wo das Mädchen sass. Als das Mädchen nach einer Weile mit dem leeren Wagen zurück kommt sagt der Mann: „Herzlichen Dank, du bist eine starke junge Frau und so mutig, ganz alleine auf deinem Weg.“ Die beiden verabschiedeten sich und das Mädchen war stolz auf sich. Dieser Stolz schenkte ihr Energie und sie machte sich auf um weiter zu wandern. 

 

Als es Abend wurde und die Sonne schon am untergehen, kam das Mädchen an eine Kreuzung. Sie packte ihre Schatzkarte aus, um nach dem richtigen Weg zu suchen, doch auf der Karte war keine Gabelung zu sehen. Verzweifelt suchte sie nach Hinweisen auf der Karte. Sie schaute sich um, um nach Rat zu fragen, doch niemand war in der Nähe. So setzte sie sich hin und versuchte sich an die Worte des weisen Lehrers, den sie damals traf, zu erinnern. Nach gefühlten Stunden, als sie müde und gedankenverloren ins Leere blickte, hatte sie plötzlich eine Eingebung. Sie erinnerte sich an die Worte des Lehrers. „Und in Stunden der Verzweiflung, wenn du mal nicht weiter weisst, frage nicht die Karte, sondern folge deiner Nase. Gehe, ohne nachzudenken, denn der beste Wegweiser steht nicht auf deiner Karte.“ Das Mädchen freut sich über diese Erinnerung und steht freudig auf, doch dann fragt sie sich: „Wo will denn meine Nase hin?“ Doch noch im selben Moment erinnerte sie sich. Bevor die Kreuzung kam, wollte sie weiter geradeaus gehen und war erst verwirrt, als sie die anderen beiden Wege sah. So beschloss sie weiter geradeaus zu laufen, denn die Nase sitzt ja auch in der Mitte von ihrem Gesicht. 

 

Als der Mond am Nachthimmel stand kam sie in einen dichten Wald. Sie hatte die Chance auf einen Unterschlupf verpasst und lief in der Dunkelheit, ganz alleine durch den Wald. Es knackte und raschelte und das Mädchen bekam Angst. Als es in der Ferne zu Jaulen begann wurde es immer lauter in ihrem Kopf. Sie begann sich Todesszenarien auszudenken, während sie es flüstern und grausig lachen hörte. Sie spürte, wie es ihr kalt den Nacken runter lief und sie blickte immer und immer wieder zurück. Als die Stimmen immer lauter wurden begann das Mädchen zu rennen. Sie wollte raus, raus aus dem Wald. Doch je schneller sie rannte, desto dichter wurde der Wald. Dicke Wurzeln ragten aus dem Boden und sie fiel mehrmals zu Boden. Das Mädchen begann zu weinen und um Hilfe zu schreien. Doch der Wald verschluckte ihre Rufe. So setzte sie sich zusammen gekauert an einen Baum, schloss ihre Augen und schluchzte. In ihrem Kopf kreisten die Gedanken. „Du dummes Kind, wie kannst du nur alleine den Wald des Todes bewandern?“ „Wie naiv du doch bist, dir keinen Unterschlupf zu suchen.“ „Bist du wahnsinnig?“ „Ich hab dir doch gesagt, dass du zu jung bist um alleine zu wandern.“ „Du wirst erfrieren mit deiner dünnen Jacke.“ Und plötzlich geschah etwas. Das Mädchen wurde wütend und begann zu schreien: „Der alte Mann hat gesagt ich bin stark und mutig, ihr könnt mir nichts. Ich werde euch alle besiegen.“ Sie stand in der Dunkelheit und es war still. Die lauten Schreie waren verschwunden. Ihr Körper wurde plötzlich ganz warm, von all der Wut, doch auch diese verschwand. Sie lief nun weiter, der Nase nach und wenn es knackte und raschelte sagte sie laut: „Ich bin stark und mutig.“ Plötzlich entdeckte sie ein Lichtlein, das sich in der Luft bewegte. Leise schlich sie sich an und es wurden plötzlich mehr. Viele kleine Lichtlein tanzten in der Luft. Es waren Glühwürmchen, wie magisch. Das Mädchen freute sich und sie folgte den Würmchen. Sie vergass dabei komplett ihre Angst, ihre Wut und ihre Trauer. Die Glühwürmchen führten sie zu einer Höhle, dicht bewachsen mit Moos. Es sah kuschelig aus. So betete sich das Mädchen ein Gemach aus Moos und Ästen und legte sich zum Schlafen nieder. Es ging keine Minute und das Mädchen schlief ein. 

 

Am nächsten Tag, als sie die Augen öffnete sah der Wald ganz anders aus. Die Sonne glitzerte im Dunst, die Strahlen schienen durch die Bäume, die Vögel zwitscherten und ein Reh hüpfte vorbei. Das Reh schaute sie einen Moment lang neugierig an und das Mädchen fühlte sich glückselig. So viele Wunder in einem kurzen Moment. Das Mädchen packte ihre Schatzkarte aus und suchte nach dem Wald. Sie fand ihn auch, es war der Hinsichtwald.  

 

Die Glühwürmchen zeigten ihr nicht nur einen Unterschlupf, sie führten das Mädchen auch zum Ausgang des Waldes, denn nicht fern war eine grosse Blumenwiese, weiter auf ihrem Weg. 

 

Und so kam das Mädchen immer wieder in dunkle Wälder, doch wusste nun, dass alles eine Frage des Blickwinkels ist. Ihre Gedanken hörten auf sie nieder zu machen, und begannen sie zu ermutigen. Wann immer sie nicht weiter wusste, folgte sie einfach ihrer Nase und wenn sie auf Nörgler und Kritiker traf, erzählte sie von dem alten Mann mit dem Dung, der ihr sagte, sie sei mutig und stark. Und so fand sie sie schliesslich, die Höhle des Reichtums. Nach Monaten alleine, über Berg durch Tal, nach vielen Momenten der puren Verzweiflung und Angst, nach etlichen Momenten der Magie, stand sie nun vor dieser Höhle. Was das Mädchen dabei empfand überraschte sie. So lange ist sie gewandert, hat ihre grössten Ängste überwunden und nie aufgegeben und doch, als sie da stand, empfand sie nichts. Keine Freude, keine Trauer, einfach nichts. 

 

Sie betrat die Höhle, um das Gold zu holen und erkannte, dass da ebenfalls nichts ist. Im Nichts angekommen legte sie sich erschöpft auf den Boden und atmete aus. Ihr wurde warm und ihr Körper begann zu kribbeln. Das Kribbeln verteilte sich und das Mädchen empfand Geborgenheit. Sie ruhte sich aus, im Nichts und das Nichts umhüllte sie. Sie schmolz immer mehr ins Nichts und ihr Kopf war plötzlich komplett leer. Als sie die Augen öffnete, war da plötzlich ganz viel Gold. Sie war umrandet von Gold. Es war so hell und warm und wunderschön. Ihr Kopf blieb dennoch leer und es schien, als würde das Mädchen doppelt da sitzen. Das eine Mädchen wollte nach dem Gold greifen und es einpacken, und das andere, das sass einfach nur da. Das eine Mädchen blickte in die Augen des Rehs, das ihr im Wald begegnete und lächelte. Das andere Mädchen versuchte zu verstehen was vor sich geht. Und je mehr das Mädchen überlegte, desto kleiner wurde das Nichts und plötzlich sass das Mädchen, wieder alleine, in der leeren Höhle. 

 

„Danke liebe Höhle, du hast mir gelehrt was wahrer Reichtum ist. Es ist der Moment des Nichts, das Alles ist. Es sind die vielen magischen Momente, die mich zu dir brachten. Die Momente des Mutes, die mich wieder haben aufstehen lassen. Die Momente des Vertrauens, die mich haben weiter gehen lassen. Der Moment der ewigen Sicherheit, den ich in dir gefunden habe."

 

Und so lächelte das Mädchen zufrieden und freute sich aufs nächste Abenteuer, das ganz gwundrig in ihr, auf sie wartete. 

 

(c) Fabienne Hofmann | November 21 

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