Was, wenn es ein Heilmittel gäbe, ein Zauberelixier, dessen Essenz unsere Ängste nimmt und uns tiefen Frieden fühlen lässt?
Ein weiser Zauberer, dem ich auf meiner Schatzsuche begegnete erzählte mir von Memorium. Memorium sei sehr selten aber die Wirkung unbeschreiblich, sagte er. Ich fragte ihn was Memorium denn tut und er schickte mich auf eine Reise.
Auf dieser Reise begegnete ich vielen Egons, das sind gefürchige Wesen, die im Schatten leben. Sie erschrecken dich, kommen aus dem Nichts und verlocken dich in die Höhle der Geheimnisse mitzukommen. Eigentlich fühlte ich mich unwohl dabei, doch ich wollte wissen. So viele Geheimnisse, so viele Fragen auf dessen Antworten ich wartete. War ich in der Höhle drin, fand ich fast nicht mehr raus. So viele Geheimnisse, so viel geschieht auf der Welt, wovon ich keine Ahnung hatte. Ich hörte den Egons zu und sie überzeugten mich, dass ich etwas tun muss. Ich muss die Welt retten, denn sie ist krank, verpestet und hat grosse Schmerzen. Ich muss laut schreien, immer wieder, denn die Welt sei tief am schlafen.
Bepackt mit dieser Überzeugung verliess ich die Höhle. Ich machte mich auf den Weg die Geheimnisse der Welt zu erzählen. Ich gewann viele Zuhörer, was mich stärker machte. Ich wurde mutig und laut. Wir liefen gegen die Masse, klärten und weckten auf. Ich veränderte die Welt, doch die Welt veränderte nicht mich. Ich fühlte mich schwer, traurig, wütend und einsam. So besuchte ich den Zauberer um ihn nach Rat zu fragen. Der Zauberer stampfte seinen Zauberstock in den Boden und es wurde hell. Ich befand mich plötzlich auf einer wunderschönen Blumenwiese. Sanfte Farben, Sonnenschein und Vogelgezwitscher. Ich hörte in der Ferne Wasser plätschern und fand eine zauberhafte Quelle vor, die schön glitzerte. Ich nahm einen kräftigen Schluck und es kribbelte in meinem Körper. Plötzlich entdeckte ich einen Gnom, der mit einem Rucksäckchen in den Wald stolzierte. Ich folgte ihm und traf auf andere Gnome, Elfen, Feen und Zwerge. Ich lernte Pflanzen- und Steinwesen kennen, ich spielte, lachte, musizierte, den ganzen Tag.
Als mir eines Tages meine Mission einfiel, Memorium zu finden, setzte ich mich zur weisen Elfe und fragte sie, ob sie das Elixier kennt. Sie legte ihre Hand auf meinen Schoss und begann zu erzählen.
„Liebe Seele, das Zauberelixier finden wir, wenn wir durch die Dunkelheit gehen, uns am Licht erfreuen und dessen Schatten anerkennen. Diese besondere Essenz finden wir, wenn wir uns unseren Ängsten stellen, sie kennen lernen und an der Hand nehmen. Wir finden sie, wenn wir ins Herz tauchen, unseren Wünschen zuhören und uns zu Träumen wagen. Wenn wir erkennen, dass Trennung eine Illusion ist werden wir finden.“ Als die wunderschöne Elfe mir in die Augen schaut muss ich weinen. Ich verstand nicht alles was sie sagte, jedoch spürte ich die Liebe, die mich in ihre Worte hüllte.
So verliess ich den Zauberwald und machte mich erneut auf den Weg Memorium zu finden. Dieses Mal hatte ich keine Ahnung wo mein Weg hin führt. Ich hatte keinen Plan, keine Karte, keinen Kompass. Was ich jedoch hatte, war eine sanfte Stimme im Ohr, die mir Ratschläge gab. Sie sprach zu mir, wenn ich meine Augen schloss und tief ein- und ausatmete. So lief ich stetig der Nase nach, hörte auf die Stimme, wenn ich mal nicht weiter wusste. Begegnete immer mal wieder Egons, doch hatte keine Lust mehr auf Geheimnisse. Ich fühlte mich irgendwie „wissend“ und das fühlte sich geborgen und warm an. Ich musste nicht mehr alles wissen, ich musste nicht mehr kämpfen, überzeugen, helfen, es geschah irgendwie einfach automatisch.
Und dann eines Tages, als ich auf einer Wiese sass und dem Flüstern des Grases zuhörte, fand ich es. Memorium. Ein kleines Fläschchen, gefüllt mit der Zauberessenz, dessen Duft mich an den Zauberer erinnert. An den Zauberer, der mich auf eine einzigartige Reise geschickt hat. Auf die Reise..
Während ich meine Gedanken zu ende formulieren möchte, umhüllt mich plötzlich ein Licht. Es trägt mich vom Boden weg und ich schwebe. Ich sehe plötzlich ohne zu schauen. Ich höre, ich spüre nichts und doch alles. Ich löse mich auf und meine Gedanken werden leer, ich werde eins mit dem Licht.
Als ich meine Augen wieder öffne ist das Fläschchen leer. Ich fühle mich ganz schwindelig und greife in die Erde. Ich fühle die kalte Erde und langsam wieder meinen Körper. Ich betrachte meine Füsse, sie sind ganz kalt. Ich bewege meine Hände, die sind ganz warm. Ich geniesse diesen Moment und erkenne.
Memento Memorium.
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Eine Geschichte von Fabienne Hofmann (c) 2020
Herzlichen Dank fürs Lesen und Spüren.
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Noemi (Dienstag, 25 August 2020 12:13)
Wow Fabienne, so tief und so wahr! Wunderschönes Märchen der Enthüllungen. Im eigenen Licht aufgenen, so schön �.
Vielen Dank! ❤️